von der Nordküste Uruguays nach Iguazu
2. August 2018
Unsere ersten Eindrücke
Zehn Tagen sind seit unserer Ankunft in Uruguay vergangen. Natürlich wissen wir erst wenig über dies kleinste Land Südamerikas. Unsere ersten Wahrnehmungen zeichnen ein etwas überraschendes Mosaik von diesesm Land, bei dem noch etliche Teile fehlen.
Womit wir beide so nicht gerechnet hatten: Wir fühlen uns überhaupt nicht fremd. Sicher ist einiges neu, wie die Seelöwen, andere Tiere und Pflanzen, die Sonne dreht ihre Bahn im Norden, doch das Gesamtpaket wirkt erstaunlich vertraut. Vielleicht sind die Mosaikteilchen etwas anders angeordnet als bei uns in Europa, doch in den ersten Tagen wirkte alles sehr bekannt. Im Radio läuft super Musik. Salsa Bachata, Merengue und mehr, genau nach unserem Geschmack.
Das Land ist sehr grün, die Leute wahnsinnig freundlich und alles so unglaublich sauber. Da kann sich so manches Land in Europa ein großes Stück abschneiden. Man glaubt gerne, dass es hier noch eine breite Mittelschicht gibt.
von der nördlichen Küste über Brasilien nach Missiones (Argentinien)
Auch oder vor allem im Winter laden all die tollen Küstendörfer zum Verweilen ein. Es ist sehr wenig los und so lässt sich stets leicht ein ruhiger Stellplatz finden. Ob das während der Saison hier auch so ist? Vermutlich nicht!
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli standen wir zwischen einem gut gefüllten Restaurant und dem Meer. Draußen wurde das Feuer für das BBQ entfacht, am Strand gaben einige Feuerschlucker und andere ihr Bestes. Die Leute hier feierten den Dia del Padre, den Vatertag. Die Orte hier waren so nett, so anziehend, dass wir noch einen weiteren Tag an der Küste verbrachten. Gerade mal 100 Kilometer ging es voran, Dieses Hippie-Flair wollte noch einen Tag genossen werden. Mehr noch. Es macht Lust darauf, vielleicht doch nochmal in der Nachsaison zurückzukommen. Wenn die meisten Bars und Shops noch offen haben und das Wasser noch zum Baden einlädt. Mal sehen…
Jetzt aber wollen wir endlich Richtung Iguazu. Kurz vor der brasilianischen Grenze thront eine Festung, die mehrmals spanisch oder portugiesisch war, bis sie endgültig in spanische Hand fiel. Dann ließen wir den Atlantik rechts liegen und wir bogen ab Richtung Nordwesten. Und endlich wurde es fremd. Die Vegetation wurde noch grüner und üppiger, Hauptstrassen bestanden häufig aus Pisten, mal in besseren, mal in ziemlich schlechtem Zustand. Und völlig ohne Markierungen! Da es wie gesagt Hauptstrassen sind, kommen einem auch fette Laster mit entsprechenden Staubfahne entgegen. In der Nacht ist da sehr viel Konzentration und etwas Vorsicht angesagt.
Auch wenn die Orte, die Häuser einfacher und auch etwas ärmlicher ausfallen ist dennoch alles sauber und gepflegt.
Übernachtet haben wir in einem kleinen Ort direkt neben dem Schwimmbad. In der Nacht entlud sich ein Gewitter direkt über uns und auch am nächsten Morgen war noch alles feucht und grau in grau. Es sollte laut verschiedenen Wetter-Apps noch lange so bleiben, und so machten wir uns auf zur argentinischen Provinz Missiones. Wir nahmen eine Abkürzung durch Brasilien. Das Passieren der Grenze von Uruguay nach Brasilien war völlig unproblematisch. Schon nach wenigen Metern wirkte Brasilien wohlhabender. Auch die Strassen waren von einer anderen Kategorie und ich konnte locker auch nach Sonnenutergang fahren. Nach unserer Zeit in Uruguay kam uns Brasilien wie ein Einkaufsparadies vor und wir füllten unsere Vorräte an Joghurt, Bananen und anderen in Urugay sehr teuren Produkten auf. Natürlich lag in unserem Einkaugswagen auch eine Flasche Cachaca und ein paar Limetten. Dazu noch Eis aus unserem Kühlschrank, braunen Rohrzucker haben wir eh… alles da für einen selbt gemachten Caiprinha!! 🙂
Die nächste Grenzüberschreitung war nicht so lustig. Wir wurden echt nett behandelt, aber es dauerte und dauerte. Alles kein Problem, wir waren darauf vorbereitet. Doch dann kam die erste Mautstation in Argentinien gleich hinter der Grenze. Die wollten 50 Reales – die hatten wir nicht, in Brasilien hatten wir alles mit Karte bezahlt und kein Geld abgehoben – oder 380 arg. Pesos – die hatten wir auch nicht, da wir gerade erst die Grenzstation verlassen hatten. Mit Karte zahlen ging auch nicht. Also Auto einige Meter zurücksetzen, nachdem die hinter mir stehenden Fahrzeuge ebenfalls zurückfahren mussten, einen 100 Dollarschein aus Patty geholt und zu Fuß die drei oder vierhundert Meter zurück zur Grenzstation, um Geld zu wechseln. Doch dafür musste ich mich ausweisen und der Personalausweis reichte nicht aus. Also zurück zu Patty und den Pass holen. Um die 100 Dollar zu wechseln musste ich dann u.a. meinen Beruf und meine Adresse in München angeben. Bis ich endlich 2.800 Pesos in der Tasche hatte verging mehr Zeit als für den eigentlichen Grenzübertritt. Die anschließende Fahrt bis zur ersten Jesuitenmission war dann ein einziger Genuss, inklusive stimmungsvollen Sonnenuntergang. Und es wird langsam immer fremder. Am Straßenrand wachsen Bananenpflanzen oder das Fensterblatt (Monstera) und in kahlen Bäumen (auch hier ist es trotz knapp 30 Grad plus tiefster Winter) sitzen Geier, wie man sie aus alten Westernfilmen kennt.
Santa Ana war unsere erste Jesuitenreduktion. Nicht restauriert, kaum touristisch und echt verwunschen, wenn man ganz allein zwischen den weitläufigen Ruinen umherschlendert und u.a. verfallene Gräber mit deutschen Namen liest. Mir kam das Ganze hier sehr bekannt vor. Ja klar! Vor nicht allzu langer Zeit sah ich im TV eine Doku über Schatzsucher die genau hier nach einem Schatz der Jesuiten suchten. Und die Mission Santa Ana lädt genau zu solch Goldgräber-Phantasien ein. Das viel besser erhaltene San Ignacio Mini hatte einen viel touristischeren Charakter. Viel mehr Leute, bessere Infrastruktur, doch eine Schatzsucherstimmung vermochte ich dort nicht zu spüren. Auf unsere Stimmung schlug dagegen ein Leck in der Kupplungshydraulik. Wenn zu viel Bremsflüssigkei fehlt, kann man nicht mehr schalten, selbst den Leerlauf ist nicht mehr einzulegen.
Im Wörterbuch recherchierten wir die notwendigen spanischen Begriffe. Ich war sehr überrascht, als ich in einer Werkstatt dann mit „Guten Tag, wie geht’s?“ empfangen wurde. Ein kurzer Check in der Werkstatt bestätigte meinen Verdacht. Der Kupplungsnehmer war undicht und musste ersetzt werden. Der freundliche Werkstattchef erklärte mir dann wieder auf deutsch, dass man das hier in Argentinien schlecht machen könne. Es sei viel besser nach Paraguay zu fahren. Die haben die Teile und die können das. Gebhard hatte also recht, als er mir auf der Grande Africa erklärte, ich solle bei Problemen mit dem Auto am besten nach Paraguay fahren. Freitagnachmittag und ca. 130 Kilometer bis nach Ciudad del Este, die erste Stadt in Paraguay gleich hinter Iguazu. Vor Montag würde nichts passieren, also genug Zeit um in den Urwald hinenzuschnuppern. Ein kleiner idyllischer Campingplatz mitten im Urugua-i Park war unser Ausgangspunkt für zwei Wanderungen in den Urwald. Wir waren fast allein auf den Pfaden unterwegs. Riesige Bäume, dazwischen gigantische Bambusstangen und Palmen, überall Moose, Farne und Kletterpflanzen. Ich dachte, meine knapp 4 Meter hohes Fensterblatt war groß. Hier sieht man die Blätter in über 20 Meter Höhe. Tiere haben wir zunächst nicht so viele gesehen, und wenn dann oft nur den Schatten. Aber gehört haben wir sie. Mal direkt da Schreien, Pfeifen oder Klappern, mal indirekt durch knackende Hölzer oder trampelnde Hufe. In der zweiten Nacht war es dann soweit. Wir bekamen einen Tipp von einer Parkwächterin und so konnten wir zwei Tapire im fahlen Schein unserer Taschenlampe beobachten. Ganz nah. Und wie groß diese Tiere sind! Nach dieser tollen Begegnung legten wir noch mal richtig Holz nach in unerem Lagerfeuer, das mit zum nächsten Mittag brannte.
Iguazu oder das Dreiländereck Argentinien, Brasilien und Paraguay
Wir näherten uns den berühmten Wasserfällen vom Westen, direkt durch den Nationalpark Iguazu in Argentinien. Über eine Stunde Fahren auf einer roten Lehmpiste die bei längerem Regen unpassierbar ist. Links und rechts sattes grün mit ein paar Farbtupfern. Ob das im Sommer hier bunter ist? Ob es dann mehr von den riesigen Schmetterlingen gibt? Drei gute Gründe bewegten uns dazu, die Wasserfälle „rechts“ liegen zu lassen. Es waren Winterferien in Argentinien und Massen von Menschen strömten zu den Fällen. Das Wetter war schlecht. Wir wollten so schnell wie möglich zu einer Nissanwerkstatt nach Paraguay. Uferpromenade in Puerto Iguazu lud zu einer Pause ein. Mit dem Blick auf die brasilianische Seite samt Riesenrad schmeckte das Rindersteak gleich noch besser.
Um nicht im schlimmsten Berufssverkehr zwei zeitfressende Grenzübertritte vor uns zu haben, suchten wir noch am Sonntagabend eine Nissanwerkstatt in Ciudad del Este. In Brasilien füllten wir wieder unsere Lebensmittelvorräte auf und schon waren wir in Paraguay und fanden auch gleich die Werkstatt, Google sei Dank.
Das äußerst freundliche Personal kümmerte sich um uns und Patty, das passende Ersatzteil wurde bestellt und war am nächsten Tag da. Für den Nehmer inlusive 2 Stunden Arbeitszeit zahlten wir umgerechnet knapp 80€, dazu wurde Patty gründlich gewaschen. In der Werkstatt gab es WiFi und so konnte ich nachlesen, dass es nicht ratsam ist, sich ohne Einreisestempel und ohne Papier für den Camper in Paraguay zu bewegen. Zwar sagte man mir an der Grenze, das sei nicht nötig. Doch das gilt halt nur für diesen einen Grenzübergang in Iguazu. Offensichtlich möchte man all die Leute aus Argentinien und Brasilien zum Schoppen in der Stadt haben. Was tun? Ärgen mit der Polizei in Paragay stelle ich mir nicht so angenehm vor. Also noch mal nach Brasilien um ordentlich nach Paraguay einzureisen. Und wenn man schon mal da ist und sich über die Brücke der Freundschaft gequält hat, haben wir dann trotz dichter Wolken doch noch die berühmten Wasserfälle angeschaut – sehr beeindruckend aber doch halt „nur“ Wasserfälle. Und dann wieder über die Brücke zurück nach Ciudad del Este und diesmal habe ich richtig gefragt. Und zwar nicht, ob wir die Papiere und Stempel brauchen sondern wo wir sie bekommen. Man schien nicht darauf vorbereitet sein, dass ein Fremder – also einer der nicht zu Mercasur-Verbund gehört – hier mit seinem Fahrzeug einreist. Die Stempel hatten wir gleich. Das Dokument für Patty dauerte über eine Stunde. Zuerst musste ein Mitarbeiter irgendwohin laufen, um entsprechende Vordrucke zu holen. Und durfte einstweilen im Büro, einem blauen, containerähnlichen Verschlag von vielleicht zweieinhalb auf dreieinhalb Meter warten. Das Flair, der Schreibtisch, die Wände, alles glich erstäunlich den Bilder verschiedenen Holywoodstreifen, die im Urwald Lateinamerikas spielen, die ich bislang für eine überzeichnete Karikatur hielt. Nur die Uniformen sind eher langweilig. Eigentlich sind es gar keie Uniformen. Aber es handelt sich ja hier auch nicht um Drogenbarone oder Bossen von Milizen, die es aber sehr wohl ganz in der Nähe gibt. Man denke nur an den sogenannten Jahrhundert Raub in dieser Stadt vom letzten Jahr. Da kamen über 50 schwerbewaffnete mit Schnellbooten in die Stadt, um das auch bei uns bekannte Unternehmen Prosegur um umgerechnet einige Millionen Euro zu erleichter. An der Grenze war alles sehr friedlich und recht freundlich und mit alles stempeln und Papieren konnte es jetzt in Paraguay weitergehen.