El Calafate und der gigantische Perito Moreno Gletscher [3 Galerien]
30. April 2019
Nach etwa einer Woche in El Chaltén wollten wir etwas Abwechslung. Das Wetter war weiterhin super und so fuhren wir weiter Richtung Süden. Gute vier Stunden dauert die Fahrt bis zum Ort El Calafate. Zwar gibt es ein reichhaltiges Angebot an verschiedenen touristischen Aktivitäten, doch die Hauptattraktion ist zweifelsohne der Perito Moreno Gletscher. Knappe 80 Kilometer sind es vom Ortskern bis zur wichtigsten Besucherstation mit verschiedenen Balkonen und Wanderwegen. Überall bewegten wir uns auf Metallgittern, nirgends berührten wir den Untergrund. Der Park öffnete um 8:00 Uhr und so mussten wir etwas warten, bis wir unsere Eintrittskarten kaufen und weiterfahren konnten. Nach einer knappen halben Stunde waren wir da. Mit uns kam zunächst nur ein weiteres Fahrzeug auf den Besucherparkplatz. All die Aussichtsplattformen hatten wir für uns alleine. Leider entwickelte sich das Wetter deutlich schlechter als vorhergesagt, doch der leichte Nieselregen konnte die tollen Bilder vor unseren Augen nur wenig trüben. Und es waren nicht nur die Bilder. Auch die Geräusche des Gletschers faszinierten. Lautes Knacken, das sich wie Gewehrschüsse anhörte wechselte sich ab mit deutlichem Ächzen und tosenden Abbrüchen an der bis zu 70 Meter hohen Gletscherkante. Selten drehte sich auch ein bereits vor längerem abgebrochener Eisbrocken im Wasser. Erst langsam und dann immer schneller. Und dazu hörten wir Geräusche, die uns glauben machten, ein Seemonster würde auftauchen. Doch wo? Unsere Aufmerksamkeit galt dem Gletscher. Doch der Eisgigant drehte sich in deutlicher Entfernung und brachte dabei große Wassermassen in Bewegung. Am Ende des Schauspiels ragte eine tiefblaue und recht transparente Seite des Eisberges aus dem Wasser. Wir kamen noch zweimal, zweimal von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. All die Stunden waren einfach faszinierend!
El Calafate ist ein recht netter Touristenort, aber nichts besonderes. In vielen Restaurants konnten wir in Eisengestelle gespannte Lämmer beim garen über dem offenen Feuer bestaunen. Und sie schmecken auch hervorragend! Einige hübsche Lokale laden ein zu einem Kaffee oder einem Bier am Abend. In einer Werkstatt ließ ich eine Bremse überprüfen und das Motoröl wechseln. Ich sagte dem Mechaniker, dass er knapp 7 Liter Öl einfüllen solle. Bei einer ersten Ölstandsmessung staunte ich nicht schlecht, als das Ölniveau viele Zentimeter über der Markierung für das Maximum lag. Was stimmte hier nicht? Zu dem war das Öl dunkel und sah nicht wie ein neues Öl aus. Ich fragte den Sohn des Mechanikers, ob er mir das abgelassene Öl zeigen kann. Daraufhin meinte er: genau das ist das Problem. Der Vater hatte nichts abgelassen. In der Wanne befand sich all das alte Öl gemischt mit dem neuen. Also machte sich der Vater auf, neues Öl zu kaufen. Ihm schien das ziemlich peinlich zu sein. Ich nutzte die Zeit, um einige Motive in und um der Werkstatt mit meiner Kamera einzufangen.
Offensichtlich versuchte irgendjemand mit den Daten einer unserer Kreditkarten Geld von der selbigen abzuheben. Äußerst merkwürdige Geldbewegungen veranlassten uns, diese Karte sofort sperren zu lassen. Glücklicherweise bietet VISA einen 72-Stundenservice für die Zustellung einer Notfallkreditkarte an. Nur mit der Angabe einer Adresse taten wir uns ziemlich schwer. In mehreren Telefonaten mit VISA in Texas hofften wir, eine für den entsprechende Kurier eindeutige Adresse zu definieren, an der er unseren Patrol finden und die Karte abliefern könne. Dies bedeutete natürlich, dass der Wagen dort zu Geschäftszeiten stehen und zumindest einer von uns laufend anwesend sein musste. Das mit den drei Tagen funktionierte in Patagonien nicht. In dieser Zeit schaffte es die Karte gerade mal bis Buenos Aires. Nach weiteren drei Tagen brachen wir die Aktion ab und ließen die Karte zu unserem Freund Marcelo nach Chile schicken. Dies klappte ohne Probleme. Während dieser Zwangspause in El Calafate konnte ich am Rande der nahen Lagune verschiedene Vögel und auch zwei ziemlich verschmuste Hunde beobachten.
Sehenswert ist auch ein kleines Museum in der Nähe der Lagune. Neben Nachbildungen von Dinosaurierknochen begeistern vor allem Fotos der Ureinwohner sowie deren Geschichte. Die Indios Patagoniens waren wohl nicht in der Lage, Gebärden zu verstehen, die in anderen Regionen und von anderen Stämmen verstanden wurden. Deshalb urteilte man über sie, dass sie keine vollwertigen Menschen seien. Einige von Ihnen wurden in europäischen oder nordamerikanischen Zoos ausgestellt, viele von Ihnen wurden wie Vieh abgeschlachtet. Es macht betroffen und traurig, wenn man sieht, wie schnell Menschen über andere, über Fremdes urteilen, wenn sie nur das Eigene, das Gewohnte als Maßstab betrachten. Die Folgen waren fatal. All das geschah zu Beginn des letzten Jahrhunderts und ich befürchte, dass wir bei genauem Hinsehen auch heute Vergleichbares sehen würden.
Über eine Woche waren wir schließlich in Calafate. In Erinnerung bleiben wird der faszinierende Perito Moreno Gletscher. Fast drei Tage ließen wir uns beeindrucken. Am Morgen waren wir die ersten, sahen den tiefen Mond kurz vor Sonnenaufgang über dem Gletscher. Am Abend, beim letzten Abendrot kamen die Ranger und erinnerten uns daran, dass sie in wenigen Minuten schließen wollten. Die vielen Bilder, die in diesen Tagen entstanden, können nicht annähernd all die Eindrücke vermitteln, die wir hier erfahren durften. Früh am Morgen und zu später Stunde genießt man diese Erlebnisse fast alleine. Sicher, wir hätten in diesen drei Tagen auch mit einem Boot näher an den Perito Moreno oder auch zu anderen Gletscher fahren können. Doch um all das so intensiv aufsaugen zu können, war das stundenlange Beobachten von den verschiedenen Balkonen und Wegen optimal. Die Boote gewähren jeweils nur mehrere Minuten Sicht aus einem Blickwinkel. Dennoch ist es sicher auch beeindruckend, die über 70 Meter hohe Abbruchkante vom Wasser aus zu sehen.
Zu Ostern gönnten wir uns in einem sehr schönen Restaurant mit super Ausblick über den Ort ein gegrilltes Lamm. Tags darauf brachen wir lange vor Sonnenaufgang auf zu unserer zweiten Runde mit Cerro Torre und Fitz Roy.