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Zwischen Salta und San Miguel de Tucumán

Zwar fühlte es sich so an, als hätten wir in Salta nur unendlich lang auf unseren Patrol gewartet, doch dem war nicht so. Neben Cachi und der Bergregion mit der Ruta 40 und dem Tren a las nubes versetzen uns vor allem die fantastischen Landschaften südlich von Salta in Erstaunen. Die folgenden Geschichten ereigneten sich alle zwischen Mitte August und Mitte September, also noch vor dem großen Warten in Salta.

Auf der Ruta 40 über Cafayate zu den Ruinen von Quilmes

Auf der Ruta 40 von Cachi Richtung Cafayate kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sieht man zunächst noch die schneebedeckten 6000er hinter Cachi führt einen die schmale Schotterpiste südlich von Angastaco bald in eine zwar sehr karge aber dafür unglaublich schöne Landschaft, die Quebrada de la Flecha. Nach jeder Kurve erscheinen diese Felsenstrukturen noch beeindruckender. Das ging soweit, dass wir beschlossen nochmal wieder zu kommen, zu einer anderen Tageszeit mit besseren Lichtverhältnissen für noch mehr Genuss, intensivere Eindrücke und noch besseren Fotografien. Cafayate ist eine seht attraktive Kleinstadt in Mitten eines knapp 1700 Meter hohem Weinanbaugebiet. Am Rande des großen zentralen Platzes lassen sich vereinzelt auch Fahrzeuge anderer Reisender sehen, meistens aus den Ländern Südamerikas, sofern man mit lauter Musik teils bis nach 5 Uhr morgens kein Problem hat, kann man dort auch gut in seinem Camper schlafen. Umringt ist der Platz von einer Kathedrale und unzähligen Touristenlokalen, die in der Hauptreisezeit sicher aus allen Nähten platzen. Am 15. September ist sogar die ganze Innenstand zum Bersten voll. Obwohl es so wirkte, als seien allen Katholiken der Region an diesem Tag in Salta, versammelten sich doch unzählige Menschen auf dem Platz, um über Lautsprecher die Messe miterleben zu können. Große Lautsprecher und moderne Lichtprojektionen auf der Fassade der Kathedrale ließen dagegen ebenso auf ein Popkonzert schließen, wie die große Schar der fliegenden Händler uns Souvenirverkäufer. Diese Nacht in Cafayate entpuppte sich als besonders lang und laut.

Südlich von Cafayate führt einen die Ruta 40 durch Weinanbaugebiete und schöne, aber nicht ganz so spektakuläre Landschaften nach Quilmes.

Die Ruinen von Quilmes

Quilmes? Bisher kannte ich Quilmes nur als argentinische Biermarke. Gut 50 Kilometern nach Cafayate erreicht man die Ruinenstadt Ciudad Sagrada de los Quilmes. Schon seit dem 8. Jahrhundert war diese Festung, die sich perfekt an den angrenzenden Bergrücken schmiegt, von Indianern besiedelt. Im 17. Jahrhundert verschanzten sich hier etwa 5.000 Calchaquí-Indianer vor den spanischen Konquistadoren in dieser Festung. Mehrmals konnten die spanischen Eroberer vertrieben werden. Doch nach über 35 Jahren erbitterten Widerstand wurden die Indianer im Jahre 1667 besiegt. Schon damals verfolgten die Spanier die Taktik der verbrannten Erde. Man zündete die Felder der Indios an und ließ diese solange hungern, bis sie schließlich aufgeben mussten. Über 2000 Indios gerieten in Gefangenschaft. Nach einem 1200 Kilometer langem Gewaltmarsch gelangten die überlebenden schließlich in die heutige Stadt Quilmes in der Nähe von Buenos Aires. Dort wird übrigens seit 1885 Bier gebraut. Das Bier, das bislang alleine für den Namen Quilmes stand.

Direkt vor der Ruinenstadt eröffnete vor nicht allzu langer Zeit ein äußerst gelungenes Museum. Neben verschiedenen Artefakten wissen vor allem die Videos und zahlreichen Animationen zu begeistern. Es entsteht ein sehr eindrückliches Bild von dem, wie es damals gewesen sein könnte. Doch nach einiger Zeit kam ich ins Grübeln. Ich hatte das Gefühl, das hier irgendetwas nicht stimmt. Es wurde mir erst langsam klar, dass ich mich durch all diese wunderbaren Darstellungen und Filme in eine viel frühere Zeit, in die Steinzeit versetzt fühlte. Gebäude, Kleidung, Waffen… das konnte ich so nur sehr schwer mit dem 16. oder 17. Jahrhundert in Einklang bringen. Wie mag man das damals empfunden haben? War die Eroberung Südamerikas durch die Spanier mit der Überquerung des Atlantik durch Kolumbus gar zwangsläufig? Beim Verlassen des Museums ging mir der Gedanke durch den Kopf, dass die Ureinwohner Südamerikas gegen jedes Reich der alten Welt, selbst gegen die wirklich alten wie Karthago, Athen oder Persien chancenlos gewesen wären.

Pachamama-Museum und Menhire in der Provinz Tafí del Valle

Wenige Kilometer südöstlich von Quilmes trifft man auf Amaichá del Valle. Man muss diese Kleinstadt nicht gesehen haben. Bemerkenswert – aus unserer Sicht – ist alleine das großzügig angelegte Museo de la Pachamama, eines der größten Museen für indianische Kultur in Argentinien. Neben traditionellen Kunstwerken und Werkzeugen werden auch die Lebensweise der präkolumbischen Völker sowie die geologischen Gegebenheiten in der Region gezeigt. Auch eine Bilder-Ausstellung des Künstlers Héctor Cruz mit indianischen Motiven aus der Region findet man in einem der zahlreichen Räume, andere sind entweder leer oder für Touristen einfach nicht zugänglich. Héctor Cruz, ein Sohn dieser Kleinstadt, konzipierte auch den gesamten Komplex, der der traditionellen indianischen Steinarchitektur nachempfunden wurde.
Wenige Kilometer weiter über den Pass Richtung San Migual de Tucuman erreicht man Tafí del Valle. Der Ort, der von angeblich durchschnittlich 360 Tage Sonne im Jahr verwöhnt wird, liegt traumhaft zwischen hohen Bergen am Rande eines Stausees. Weit weniger touristisch als andere Orte versprüht Tafí del Valle doch eine recht sympathische Ausstrahlung. Im Ort findet man den Parque de los Menhires. Dort sind viele von Menschenhand bearbeitete Monolithen ausgestellt, die von den Bewohnern des Tales während der Zeit der Tafí-Kultur geschaffen wurden. Einst über das gesamte Tal verstreut, wurden sie auf Anordnung der Militärregierung im Parque de los Menhires zusammengefasst. Die eigentlich lobenswerte Absicht, die Steine vor Raub und Beschädigung zu schützen, entpuppte sich nach Meinung der mit ihnen befassten Experten jedoch als Fehler. Durch ihre Loslösung aus dem jeweiligen örtlichen Zusammenhang wird deren weitere Forschung beträchtlich erschwert.

San Miguel de Tucumán

Diese Stadt hat es nicht geschafft, uns näher zu berühren. Jetzt, da ich einige Wochen später diesen Beitrag verfasse, braucht es einige Anstrengungen um Erwähnenswertes aus meiner Erinnerung hervorzukramen. Den größten Eindruck hinterließ noch die Suche nach einem Schlafplatz. Der städtische Campingplatz, wundervoll im Stadtpark gelegen, war geschlossen. Der Wärter erklärte uns, das kurz vorher dort eine Bombe explodierte. Auf der weiteren Suchen fanden wir keinen Platz, der uns geeignet erschien. Wie in solchen Situationen üblich, suchten wir im Navi nach der nächsten Polizeistation. Am nächsten Morgen klopfte ein höherrangiger Polizist an Pattys Tür und erklärte uns, dass es viel sicherer sei, wenn wir der nächsten Nacht direkt auf dem Polizeigelände übernachten würden.

Das Stadtzentrum bietet einige schöne Kolonialbauten, manche davon konnten wir auch von innen besichtigen. Wirklich interessant war die nette Ausstellung in der Casa Histórica la la Independencia, in der am 9. Juli 1816 der Eid aud Unabhängigkeitserklärung Argentiniens geleistet wurde, ein wahrlich historischer Ort.
Tucumán hat ein deutlich anderes Klima als Salta und die nördlichen Bergregionen. Trotz Winter (wir waren Ende August da) war es warm und schwül. Nach einem ausgiebigen Rundgang durch das Zentrum freuten wir uns, die Stadt bald wieder verlassen zu können. Es ging mal wieder zurück nach Salta, denn nach der Reparatur tropfte Diesel aus der Einspritzpumpe und der Mechaniker erklärte sich sofort bereit, diesen Mangel zu beheben.

Zurück nach Salta durch die Quebrada del Río de las Conchas

Um noch mehr geniale Felsformationen sehen zu können, bietet sich ab Cafayate die östlichere Ruta 68 durch die Quebrada del Río de las Conchas an. Diese Strecke ist mindestens genauso phantastisch wie die Ruta 40 nördlich von Cafayate Richtung Cachi. Allerdings muss man sich die tollen Aussichten mit deutlich mehr Personen teilen als auf der Gebirgsstrecke. Besonders beeindruckende Stellen werden genutzt, um Souvenirs zu verkaufen oder sich mit Musikdarbietungen in folkloristischen Gewändern vor einem Felsentheater ein paar Pesos zu verdienen. Ende August ist dies alles recht dezent. Ja, auch diese Strecke war der reinste Augenschmaus und wollte eigentlich auch noch einmal bei besseren Licht besucht werden. Doch es kam anders und beim nächsten Besuch sahen wir … nichts!

Patty fährt huckepack nach Salta – wir mit dem Bus!

Der Reihe nach: Schon bei der Rückfahrt von Tucuman stieg Pattys Temperaturanzeige an Steigungen höher als normal. Nicht viel, aber doch bemerkbar. Als wir Salta mal wieder verlassen wollten – es war der 15. September, der Tag, an dem all die Pilgermassen ins Zentrum von Salta drängten – kamen wir in drei Tagesetappen nur bis Santa Maria de Catamarca. Unterwegs konnte ich tatsächlich die Ruta 40 bei schönerem Licht fotografieren. Alles schien gut zu sein, doch die Temperaturanzeige stieg jetzt auch bei leichtem Gefälle. Bei der morgendlichen Kontrolle von Öl und Wasser war sofort klar: Patty fährt nicht mehr aus eigener Kraft weiter! Abgase und Druck im Kühlsystem sofort nach dem Anlassen zeigten, dass mindestens die Kopfdichtung wenn nicht gar der Zylinderkopf hinüber waren! (es war der Zylinderkopf).

Und wieder half uns Antonio, der uns inzwischen richtig ans Herz gewachsen war, aus der Patsche. Er organisierte einen Abschleppwagen samt Fahrer und war 2 Tage später bei uns. Für die gut 250 Kilometer brauchte er 7 Stunden, wie verabredet war er um 15:00 Uhr bei uns. Beim Aufladen von Patty fragte ich mich, wie wir denn in dem Fahrzeug zu viert zurückfahren wollen. Die Antwort kam prompt: Gar nicht. Antonio meinte nur, wir sollen doch den Bus nehmen. Das ging erstaunlich gut und günstig, allerdings mussten wir in Cafayate über 6 Stunden warten, bis der Bus nach Salta schließlich gegen 4:30 Uhr abfuhr. Und so sahen wir von der traumhaften Strecke diesmal leider nichts. In der Morgendämmerung erreichten wir schließlich den Busbahnhof Saltas unweit des Güemes-Denkmals, wo wir schon einige Nächte verbracht hatten.

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